Die Vorgeschichte eines großen Abenteuers - Die Alpenüberquerung auf dem Traumpfad von München nach Venedig
Was erwartet euch in diesem Bericht? Zusammen mit meinem Kumpel Oli habe ich zu Fuß den Traumpfad über die Alpen, von München nach Venedig, begangen. Es ist quasi der Königsweg der Alpenüberquerungen. Freut euch auf eine bunte Mischung aus:
- große Emotionen
- viele atemberaubende Fotos - über 2000!
- Tipps und Erfahrungswerte
- und natürlich viel Spaß
Nachtrag 02.01.2021 – Über vier Jahre habe ich gebraucht den Bericht endlich fertig zu stellen. Auch wenn im letzten Drittel der eigentliche Reisebericht noch fehlt, so sind doch alle Fotos enthalten und ihr könnt die Tour komplett mit meinen Bildern erleben.
Begleitet uns auf einer einzigartigen Reise durch eine der schönsten Landschaften Europas. Und vielleicht gelingt es uns den ein oder anderen auch auf diese grandiose Reise zu schicken. Über Kommentare und Fragen würden wir uns sehr freuen.
Von München nach Venedig zu Fuß? Vor ein paar Jahren klang das für mich genauso verrückt wie reizvoll, aber auch unerreichbar. Aufmerksam auf die Möglichkeit die Alpen mit eigener Kraft zu überqueren, wurde ich durch einen Geocache. Um diesen zu absolvieren heißt es, 30 Tage zu Fuß der klassischen Alpenüberquerungsroute von Ludwig Graßler zu folgen. Als die ersten Reiseberichte von „Absolventen“ der Tour im Geocache-Logbuch eintrudelnden, vor Begeisterung nur so strotzend, war ich nicht der Einzige der neidisch auf diese Glücklichen blickte. Auch meine Kumpels Oli und Uli wären nur zu gerne sofort losgelaufen. Aber uns war klar, 30 Tage unterwegs, mit Familie daheim, undenkbar. So blieb es die nächsten 2-3 Jahre eine Schwärmerei, doch immer, wenn wieder jemand euphorisch von der Tour berichtete, flammte sie wieder auf, die Abenteuerlust und das Fernweh, einfach mal so ein verrückt anmutendes Unternehmen anzugehen. Tage oder Wochen an nichts anderes zu denken als ans Laufen und dabei traumhafte Landschaften zu genießen. Ok, der ein oder andere Leser schüttelt vielleicht hier verständnislos mit dem Kopf, während ihm Bilder von Strand und Meer durch den Kopf gehen. Aber so sind halt manche der Männer im mittleren Alter, ständig auf der Suche nach dem großen Abenteuer.
So beschränkten wir uns die nächste Zeit halt auf das Nahe und doch so traumhafte Schöne und liefen in den kommenden zwei Jahren, immer wieder in Tagesetappen, den Hochrhöner. Eine wirklich traumhafte Route von Süd nach Nord -180km quer durch die Rhön. Hier packte uns das Wanderfieber, doch nach wie vor waren 30 Tage nicht machbar. Ich weiß nicht warum, aber auf die simple Lösung unseres Dilemmas kam keiner. Naja, schließlich doch einer, nämlich Uli. Als er uns eines Tages verkündete dass er von seiner Frau das OK hat, die Tour in Wochenetappen zu laufen, jedes Jahr eine, gab es bei Oli und mir kein Halten mehr. Ja klar, so geht’s. Gut, natürlich mussten auch wir die Hürde der Ehefrauen nehmen, denn auch 1 Woche mal von der Familie abseilen ist ja nicht selbstverständlich. Aber unsere Mädels fanden es gut und unterstützten uns in jeder Hinsicht. Selten war mir ein größerer Stein vom Herzen gefallen. Da Uli die Tour mit seiner Mutter angehen wollte, die ihn schon auf dem Hochrhöner begleitet hatte, schlossen Oli und ich uns zusammen, um das Abenteuer gemeinsam zu bewältigen.
Nun war klar – eine Woche Alpen – soweit so gut. Aber eine Woche mit viel Gepäck laufen, jeden Tag und viele viele Höhenmeter. Oje, packen wir das überhaupt? Was brauchen wir an Ausrüstung? Wie machen wir das mit An- und Abreise? Haben wir genug Kondition? Fragen über Fragen beschäftigten uns die nächsten Wochen und Monate. Unsere abendlichen Telefonate wurden immer länger, geprägt von Fachsimpelei über Ausrüstung und Schwärmereien von dem, was uns erwarten wird. Eine große Portion Respekt vor der Tour ließ uns dann auch recht schnell beginnen, ausgiebig zu trainieren. Erst normales laufen, dann mit schwerem Rucksack. Anfangs berührten die fragenden Blicke der Nachbarn mich doch etwas peinlich, wenn sie mich mit großem Rucksack und schweren Schuhen aus dem Ort hinausmarschieren sahen. Später schmunzelte ich nur noch darüber, wenn ich auch bis dahin schon Einigen Rede und Antwort stehen musste, was ich denn da so treibe und ob mich meine Frau evtl. sogar rausgeschmissen hat, weil ich so mit Sack und Pack losziehe.
Problematischer war hier schon das Thema Schuhe. Ich dachte nicht, dass es so schwer sein wird, passendes Schuhwerk zu finden. Die Empfehlungen waren schwere Bergschuhe, die auch bedingt steigeisenfähig sein sollten. Dass sich solch ein Schuh nicht an den Fuß schmiegt wie ein Sportschuh war klar, aber man hat in solchen Schuhen das Gefühl, auf eine Eisenplatte genagelt zu sein und das wird auch nach vielen Kilometern nicht wirklich besser. Oli und Uli hatten mehr Glück und fanden recht schnell einen passenden Schuh. Bei mir war es erst das dritte Paar, dass ich tragen konnte, ohne mir Blasen zu laufen. An dieser Stelle kann ich jedem nur empfehlen, sich ein gutes Fachgeschäft mit großer Schuhauswahl zu suchen. Und dann im Geschäft probieren, probieren und immer wieder probieren. Vor allem aber Zeit lassen und die Schuhe im Geschäft schon mal ausgiebig testen. Dann zuhause nochmal einen ganzen Abend anlassen. Meine Frau meinte dann zwar ich spinne, als ich mit schweren Bergschuhen auf dem Sofa lag. Aber so konnte ich die Schuhe vorab testen und als sie drückten, wenigstens noch umtauschen. Bedingt durch die vielen Probleme hatte ich mir auch von allen Seiten Rat geholt. Einen wertvollen Tipp will ich hier nicht verschweigen, den zu den Socken. Natürlich hatte ich auch zu Beginn schon gute Wandersocken, aber erst als ich mir welche der Marke „X-Socks“ kaufte, wusste ich, was Socken wirklich bewirken können. Selbst als ich noch mit einem nicht gut passenden Schuh unterwegs war, verhinderten diese Socken, dass ich mir an Scheuerstellen Blasen rieb. Ich bin ein absoluter Fan dieser Fußbekleidung geworden und habe auch auf den langen Tagen der Tour nie Probleme bekommen. Auch wenn ich vom Hersteller nicht gesponsert bin, schade eigentlich, wollte ich dies hier loswerden.
Die Tour steht!
Was uns genau erwartete:
- Laufstrecke: 555km
- Zeit: ca. 4 Wochen - verteilt über 4 Jahre
- Aufstiegs-Höhenmeter: ca. 22.000m
- Und eines der beeindruckensten Erlebnisse unseres Lebens
Die Strecke als Route und als Höhenprofil:
Am 29.6.2013 sollte es dann endlich losgehen. Voller Erwartung fieberten wir dem Termin entgegen. Die Zeit mit dem ständigen Lesen des Tourenführers und unendlich vielen Internetseiten, machten uns nur noch euphorischer und die Zeit bis zum Start war kaum mehr auszuhalten.
Bei Uli sollte es schon zwei Wochen vorher losgehen. So waren unsere Augen bzw. Ohren erst mal erwartungsvoll auf seine Berichte gerichtet. Am Wochenende, an dem Uli loslief, setzen wir unser großes Abschluss-Training in der Rhön an. Um Ausrüstung und vor allem unsere Kondition zu testen, sollte eine 2-Tagestour von der Milseburg nach Oberthulba mit Übernachtung in Wildflecken herhalten. Komplett aufgerödelt und mit Bergschuhen ließen wir uns dann früh morgens an der Milseburg rausschmeißen. Die Tour war für uns eine positive Bestätigung, dass unsere Ausrüstung und vor allem die Kondition optimal waren. Lustig waren immer wieder Blicke voller Fragezeichen von den Wanderern in der Rhön, die uns begegneten. Ich konnte es ihnen nicht verdenken, denn wie oft sieht man schon in der Rhön Jungs mit riesigem Rucksack und schweren Bergschuhen. Ein Dankeschön an dieser Stelle noch an Diana und Marc, die uns so nett bewirtet haben und uns eine tolle Übernachtungsmöglichkeit boten. Gespannt warteten wir am Abend dann auf den ersten Anruf von Uli. Was würde er berichten? Seine Ausführungen am Telefon wurden dann von uns beiden gierig aufgesogen. Er hatte das Pech von zu gutem Wetter, denn er bekam die Hitze im Isartal böse zu spüren, wenn auch ein kühlendes Bad in der Isar ein wenig half. Allerdings hätte ich zu gerne sein Gesicht gesehen, wie er da nackt drinnen lag, als plötzlich ein Floß mit Touristen vorbeikam. In den von Büschen zu gewucherten Isarauen wurden er und seine Mutter dann zu allem Unglück auch noch zur willkommenen Beute für Millionen von Stechmücken. So erreichten die beiden völlig erschöpft und zerstochen ihr Tagesziel Wolfratshausen nach schier endlosen 35 km. Bei den Temperaturen kam es ihnen vor wie 50 km. Aber dieser Bericht bremste unsere Vorfreude nicht wirklich und wir zählten die Tage bis zum Abmarsch, durch unsere Rhöntour nochmal in der guten Vorbereitung bestätigt.
Mit bangendem Blick checkten wir jeden Tag die Schneeverhältnisse an der Birkarspitze, bzw. dem Schlauchkarsattel, dem großen Knackpunkt der ersten Etappe. Noch lag zu viel Schnee, um ihn zu überqueren. Uli hatte sich schon eine Umgehungsroute parat gelegt und auch wir recherchierten schon wegen einer Ausweichroute.
Dann – Mitte der Woche – die Nachricht von Uli. Er sitzt mit seiner Mutter im Zug zurück nach Hause. Das Wetter wurde zu schlecht. Mist, wir fühlten richtig mit ihm, aber hofften wir doch, dass es uns besser ergehen würde.
Es folgten 1 ½ Wochen banges Beobachten des Wetters und der Schneelage. Dann, als der Vorabend der Abreise kam, war klar, der Schnee am Sattel wird auch uns die Überquerung unmöglich machen, auch wenn noch ein kleiner Hoffnungsschimmer blieb. Der Lichtblick aber war die Wettervorhersage. So sollte es zwar die ersten beiden Tage nicht optimal sein, dafür aber danach umso besser. Na also, geht doch, wenn Engel reisen, was soll da passieren? So kam Oli am Vorabend zu mir, um hier zu übernachten. Denn morgens sollte es ohne Verzögerung bei Zeiten losgehen. Ich glaube, jeder kann sich vorstellen wie toll so ein Abend ist, in gigantischer Vorfreude in Gesprächen und Gedanken die Tour schon vorab erleben und das Losfahren kaum noch erwarten zu können. Viel geschlafen habe ich in der Nacht dann aber auch nicht, aber seis drum.
Abschließend, bevor es losgeht, noch kurz was über die beiden Hauptakteure in diesem Bericht, Alex und Oli. Wir beide sind Mittvierziger, also in den besten Jahren, dicke Kumpels und immer auf der Suche nach verrückten Abenteuern. Ich weiß schon, der ein oder andere hat gerade einen Begriff im Kopf – „Mitlifecrisis“; denkt was ihr wollt, ich nenne es Bewusstseinserweiterung. Kennen gelernt haben wir uns, sowie Uli, beim Geocachen, wo wir viele Jahre viele verrückte Dinge zusammen erlebt haben. Mittlerweile teilen wir uns die Leidenschaft des Fernwanderns.
Glücklicherweise gelang es uns sogar auf der 3. Etappe sieben Tage zusammen mit Uli zu wandern. Im Nachhinein das Highlight der Tour, wenn auch Einige, die uns auf den Hütten kennenlernten so manches Mal verwundert über uns waren. Das ist aber eine andere Geschichte die ihr später aber noch zu hören bekommt.
Um nicht zu verpassen wenn es weiter geht: